Leben als "Zelt-Existenz"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde. Aufgrund des Glaubens hielt er sich als Fremder im verheißenen Land wie in einem fremden Land auf und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten; denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat. 

                                                                         Hebräer-Brief 11,8-10

 

 

 

 

Wanderer sind wir

 

Je inständiger wir etwas lieben, umso schwerer lassen wir es los. Wanderer sind wir in dieser Welt, nicht Sesshasfte. Als Fremde leben wir in Herbergen oder - um es noch deutlicher auszudrücken - in Zelten. Wir leben nicht in unserer Heimat. Dieses ganze Leben ist nichts als ein Lauf - und erst noch ein kurzer - zum Tod.

Mag einer auch ein hohes Alter erreichen - für wie wenige das zutrifft, weiß jedermann - , so ist doch, bei Gott, das ganze Leben nicht anderes als die Strecke eines kurzen Stadions, in welchem wir wohl oder übel ununterbrochen laufen, of wir nun schalfen, wachen, uns freuen oder gepeinigt werden. Einem Sturzbach vergleichbar reißt uns der ununterbrochene Lauf der Zeiten mit, selbst wenn uns oder anderen scheinen mag, als ob wir rasteten.

Wenn Menschen, die nicht zu Hause bleiben, sondern in der Fremde weilen, in Herbergen oder unterwegs etwas Vorteilhaftes begegnet, binden sie sich nicht zu sehr daran, da sie das, was ihnen Freude bereitet, bald wieder verlassen werden. Begegnet ihnen aber Unangenehmes, so ertragen sie es leicht, denken sie sich doch: "Das Mittagessen nehme ich hier, aber das Abendessen bereits anderswo."

                                                                  Erasmus von Rotterdam

 

 

 

 

 

Das Passwort

Heute Nacht, es war wohl morgens,
wenn die Träume kommen,
dann kam auch zu mir einer.
Was darin geschah, weiß ich nicht mehr,
aber es wurde etwas gesagt,
ob zu mir oder von mir selbst,
auch das weiß ich nicht mehr.

Es wurde also gesagt,
wenn der Mensch geboren wird,
wird ihm ein Wort mitgegeben,
und es war wichtig, was gemeint war:
nicht nur eine Veranlagung,
sondern ein Wort.
Das wird hineingesprochen in sein Wesen,
und es ist wie das Passwort
zu allem, was geschieht.
Es ist Kraft und Schwäche zugleich.
Es ist Auftrag und Verheißung.
Es ist Schutz und Gefährdung.
Alles, was dann im Gang der Jahre geschieht,
ist Auswirkung dieses Wortes,
ist Erläuterung und Erfüllung.
Und es kommt alles darauf an,
dass der, dem es zugesprochen wird
- jeder Mensch,
denn jedem wird eins zugesprochen –
es versteht und mit ihm ins Einvernehmen kommt.
Und vielleicht wird dieses Wort
die Unterlage sein zu dem,
was der Richter einmal zu ihm sprechen wird.

Romano Guardini

Gastfreundschaft


Tritt durch den Spalt,

atme de Ordnung,

lerne am Herd

die Würdes des Gastes

und empfang

in der Fülle der Gaben

deren königliche:

anvertrautes Leid.

                    Klaus Hemmerle