Tagesmottos

Ein Motto für jeden Tag
“Wort zum Tag” im DeutschlandRadio Berlin
01. Juli 2002

Füreinander leben

Ein schöner Augenblicke in meiner Arbeit mit jungen Leuten war ein Telefon-Interview mit Kardinal Francois-Xavier van Thuan aus Vietnam. Um des Evangeliums willen hatte er über 14 Jahre in vietnamesischen Gefängnissen gesessen - 9 Jahre davon in Einzelhaft.
Ich sass mit Jugendlichen, die sich entschieden haben, mit Jesu Worten in ihrem Alltagsleben ernst zu machen, in unserem Jugendhaus Hardehausen im Bistum Paderborn zusammen. Nicht nur “auf Draht”, sondern “auf Wort” wollten sie täglich sein, so hatten wir dieses erste meeting “on-word-treff” genannt.

Ich rief Kardinal Francois-Xavier van Thuan an und fragten ihn, was es für ihn bedeute, das Wort des Evangeliums Tat werden zu lassen. Er erzählte: “Im Gefängnis von Phu-Khanh teilten die Katholiken das Buch des Neuen Testamentes, das sie heimlichmitgebracht hatten, in kleine Blättchen auf, verteilten sie untereinander und lernten sie auswendig. Da der Fußboden aus Erde oder Sand bestand, verbargen sie, wenn sie die Schritte der Polizisten hörten, das Wort Gottes unter dem Boden. Am Abend in der Dunkelheit, trug jeder der Reihe nach den Teil vor, den er gelernt hatte. Es war eindrucksvoll und bewegend, in der Stille und Dunkelheit dem Wort Gottes zu lauschen, die Gegenwart Jesu, das “lebendige Evangelium” zu spüren, mit aller Seelenstärke vorgetragen. Die Nicht-Christen hörten mit Respekt und Bewunderung zu.”

Gebannt sassen die Jugendlichen auf dem Boden. Die Stimme des alt gewordenen Kardinals war geprägt von all den schweren Erfahrungen des Gefängnisses. Sie war zerbrechlich und leise geworden - aber dennoch von durchdringender Kraft. Nachdem ich das Telefonat beendet hatte, sagte eine junge Studentin mit Tränen in den Augen: “Das Wort des Evangeliums hat wirklich eine Kraft in sich, die ich heute in den Worten und der Stimme dieses alten Mannes gespürt habe. Dieser Kraft möchte ich folgen! Denn diese Kraft stiftet überall auf der Welt Familie.”

Kardinal van Thuan hatte weiter erzählt, dass das Wort Gottes wie ein Same ist, der in unsere Lebensfelder ausgestreut wird. Bekanntlich gibt das gute Erdreich nicht den Samen, sondern Früchte zurück. So haben wir mit vielen jungen Leuten begonnen, uns die Früchte zu erzählen, die Jesu Worte in uns gebracht haben, nachdem sie unsere Lebenswirklichkeiten getroffen haben.

Es sind Früchte, die immer an einem kurzen Tagesmotto orientiert sind. Eine junge Frau, die auf diesem Weg mitgeht, schrieb vor einigen Wochen, nachdem ihr Vater einen schweren Auto-Unfall überlebt und ihre Mutter einen schweren epileptischen Anfall erlitten hatte: “Die letzten Stunden waren geprägt von Schrecken, Angst und Unsicherheit, zugleich aber durchzogen von einer leisen Gewissheit, dass in all dem ER, Gott, da ist. Aber in diesen Tagen ist mir neu bewusst geworden, wie kostbar jeder Moment unseres Lebens hier auf der Erde ist und dass wir immer herausgefordert sind, uns Augenblick für Augenblick zu entscheiden, wofür wir ihn leben wollen. Mir fiel das Motto meines Tages ein: Füreinander leben. Also: Sich Augenblick für Augenblick neu entscheiden: Füreinander zu leben.

 

 

 

 

Ein Motto für jeden Tag
“Wort zum Tag” im DeutschlandRadio Berlin
02. Juli 2002


Im Vertrauen auf Gott - geben!

Mit Jugendlichen aus Tschechien, Bosnien, Polen, Albanien und Deutschland hatten wir in unserem Jugendhaus gemeinsame Tage verbracht. Viele neue Beziehungen waren entstanden. Jeden Morgen hatte es ein kurzes Tagesmotto gegeben, das aus der Beschäftigung mit einem kurzen Text aus dem Evangelium entstanden war. Dieses Motto hatten wir versucht, während des Tages in konkretes Leben zu übersetzen.

Die meisten Jugendlichen hatten ihre Heimreise in die verschiedenen Länder bereits angetreten. Nur zwei Jugendliche aus dem Norden Albaniens, aus Shkodra waren noch geblieben. Sie waren mit dem Flugzeug gekommen. Ihre Maschine ging einen Tag später.
So sassen wir am Abflugtag dieser beiden morgens beisammen - hundemüde nach mehreren Nächten mit wenig Schlaf.  Wir schauten ins Evangelium des Tages. “Gib und euch wird gegeben werden!” hieß es da. Das Motto war schnell gefunden: Im Vertrauen auf Gott geben!

Wir machten uns auf den Weg zum Frankfurter Flughafen. Dort sollte der Flieger am frühen Nachmittag nach Albanien starten. Am Flughafenschalter der zuständigen air-line angekommen, fanden wir niemanden - weder Besatzungsmitglieder noch Passagiere. Am Info-Schalter erfuhren wir, das die Maschine für diesen Tag abgesagt sei. Wir hatten keine Information bekommen. Ich schaute in die Gesichter der beiden albanischen Jugendlichen, 17 und 18 Jahre alt. Sie wirkten ein wenig verloren im Gewühl dieses riesigen internationalen Getümmels. Eine Mitarbeiterin der air-line erschien, um die Flüge der beiden auf den nächsten Tag zu buchen. Für die Nacht wurde ihnen ein Hotel am Flughafen angeboten.

In mir rumorte es. Sollte ich die beiden allein in dem Flughafen-Hotel zurücklassen? Immer wieder kam mir in den Sinn: Gib! Gib! Im Vertrauen auf Gott geben! Nochmals schaute ich in die Gesichter der beiden. Mir wurde klar: Wenn du selber einer von ihnen wärest, du würdest dich auf jeden Fall über ein Bleiben freuen. So entschied ich zu bleiben.

Am Abend sassen wir im Restaurant des Hotels. Ana begann zu erzählen, von all der Not, die sie in Albanien in all den Jahren als kleines Mädchen während des Kommunismus durchgemacht hatte. Sie hatten in einer Bauruine in der Hauptstadt gewohnt, ohne Fenster und Türen. Als Jugendliche hatte sie ihren Vater in diesen Jahren unterstützt und Tag für Tag für ihn das Essen bereitet - meist ohne Wasser und ohne Strom. Schon früh hatte sie lernen müssen, von ihrer Mutter und ihren Schwestern getrennt, allein mit ihrem Vater zu leben, um die Familie im Norden zu ernähren. Leicht gefallen war ihr das nicht.

Ana erzählte und erzählte. Irgendwann sagte sie zu mir. “Ich sehe, dir fallen ja schon die Augen zu. Wir müssen jetzt Schluß machen. Aber ich bin so glücklich, dass ich dir all das erzählen konnte. Irgendwann werd ich’s dir an irgendeinem Ort dieser Welt weiter erzählen.”

An diesem Abend fiel ich todmüde ins Bett. Mir war, als hätte ich erahnen können, warum die Maschine an diesem Tag nicht gefolgen war. Ich war glücklich über das Geschenk des so ehrlich geteilten Lebens. Geholfen hatte mir das Motto: Im Vertrauen auf Gott geben.

 

 

 

 

Ein Motto für jeden Tag
“Wort zum Tag” im DeutschlandRadio Berlin
03. Juli 2002


Mutig den ersten Schritt wagen!

Die Fahrt nach Sarajevo hatte doch länger gedauert als geplant. Zu viel Verkehr war auf diesen internationalen Routen unterwegs gewesen. Der kurze Impuls für den Tag, den ich via SMS an Jugendliche in verschiedenen Ländern weitergegeben hatte, lautete: Mutig den ersten Schritt wagen!

Spät abends kamen wir in Dobrinja, einem Vorort von Sarajevo an. Eine Gruppe junger Leute erwartete uns in einer kleinen Wohnung. Wir kannten sie von mehreren Sommercamps in der bosnischen Hauptstadt. Eine große warmherzige Freude wogte uns entgegen, als wir ankamen. “Kako ste?” - “Wie geht’s?” - Lange haben wir uns nicht gesehen! Und dann gab’s nach echter Balkan-Manier Slibovica und ein gutes, deftiges Essen. Aber das Verbindende mit diesen Jugendlichen war, der täglich neue Versuch, das eigene Leben bewusst mit kleinen Impulsen zu gestalten.

Nach dem Essen wurde es stiller. Wir begannen den vergangenen Tag zu erzählen. Emica, eine Schülerin fasste sich ein Herz. Sie erzählte: “Mir ist es nie so richtig gelungen, mit den täglichen Mottos richtig zu leben. Entweder hab ich sie schnell wieder vergessen oder sie schienen mir irgendwie nicht zu passen. Meistens hatte ich am Tagesende nichts zu erzählen, wie mir das Evangelium geholfen hatte, mein Leben zu gestalten. Aber als dieses Motto: Mutig den ersten Schritt wagen! kam, hab ich gedacht, an diesem Motto hälst du dich fest. Du wirst es leben!

So hatte ich mir für heute vorgenommen, erzählte sie weiter, für eine Freundin, die in diesen Tagen in ihrer Kirche gefirmt wird, ein Geschenk zu besorgen. Sie liebt Schmuck über alles. Ich hatte die Idee, ihr ein schönes Schmuckteil zu besorgen. Ich fuhr in die Altstadt von Sarajevo, weil es dort viele kleine Schmuckläden gibt. Die allermeisten sind in unserer Stadt von muslimischen Händlern bestückt. Ich ging in einen Laden und begann, nach einer geeigneten Kette zu suchen. Ich nahm viele in meine Hand und betrachtete sie im Licht, um zu sehen, welche ich meiner Freundin als Andenken schenken wollte und welche ich auch bezahlen konnte, da ich als Schülerin nur wenig Geld habe.

Die muslimische Ladenbesitzerin - berichtete sie weiter - schaute mir zu und half mir beim Aussuchen. Dann fragte sie, für welchen Zweck ich dieses Geschenk suche. Mir kamen Zweifel in den Sinn. Sollte ich als Christin sagen, wofür ich dieses Geschenk suchte. Oder würde sie mich dann verständnislos und missachtend anschauen. In unserer Stadt sind nämlich mehr als 80 % der Bevölkerung Muslime. Ich dachte an unseren Impuls. Mutig den ersten Schritt wagen!

Ich erzählte ihr, dass ich das Schmückstück für eine Freundin suche aus Anlass ihrer Firmung, einem kirchlichen Fest. Ihr Gesicht hellte sich auf. Mit einem Strahlen in ihren Augen erzähle sie, dass schon mehrere Kunden in diesen Tagen gekommen seien, die für Firmbewerber ein Geschenk suchten. Dann ging sie ins Innere ihres kleinen Ladens und kam mit einem kleinen Silberkreuz zurück. Sie putzte es sauber und überreichte es mir: ‘Hier, das schenke ich dir für deine Freundin. Gib es ihr weiter, von mir, vielleicht wird sie Freude daran haben!’”

Gebannt hatten wir ihr zugehört. Es war klar: Nur wer wagt, der auch gewinnt! Das innere Programm für unsere Besuche in Sarajevo schien klar: Immer wieder Mutig den ersten Schritt wagen.

 

 

 

 

 

Ein Motto für jeden Tag
“Wort zum Tag” im DeutschlandRadio Berlin
04. Juli 2002

Umsonst habt ihr empfangen - umsonst sollt ihr auch geben!

Meine Mail-box meldet sich mit einer Nachricht eines ehemaligen Schulkameraden. Er ist Arzt geworden. Seine Stimme wirkt froh. Er teilt mir mit, er habe mich nur angerufen, um mir eine kleine Erfahrung zu erzählen. Aber auf Box wolle er sie nicht sprechen, das müsse schon live sein.

Ich bin ganz gespannt, denn das hat er noch nie gemacht. Sofort rufe ich zurück. Er reagiert auf eine kleine monatliche Scheckkarte, die wir vom Jugendhaus Hardehausen Monat für Monat an junge Leute mittlerweile in 25 verschiedene Länder versenden. Sie zeigt jedes Mal ein Bibelwort, ist versehen mit einem kurzen Kommentar und lädt ein, dieses eine Wort einen Monat lang zu tun. Dieses Mal ist es das Wort: “Umsonst habt ihr empfangen - umsonst sollt ihr auch geben.”

“Schön, dass du so schnell zurück rufst. Ich wollte dir nur eine kleine Erfahrung erzählen, die mich in den vergangenen Tagen richtig gepackt hat. Ich hatte ja immer gedacht, die Worte des Evangeliums sind fromme Worte aus vergangener Zeit, die wenig mit meiner Alltagswirklichkeit als Arzt zu tun haben. Aber gestern kam eine ältere Frau zu mir. Sie ist Spätaussiedlerin aus Russland. Als Kassenpatientin muß sie zu allen Untersuchungen immer etwas zuzahlen. Als ich ihr am Ende der Untersuchung die Höhe ihres Beitrags nannte, fing sie an zu klagen und zu jammern. Sie wisse nicht, wie sie das alles bezahlen könne, sie habe doch nichts.

Mein Blick fiel auf die kleine Karte, die immer am Computer-Screen auf meinem Schreibtisch klebt. Dort las ich: “Umsonst habt ihr empfangen - umsonst sollt ihr auch geben!” In diesem Monat sollte dieses Wort mein täglicher Impulsgeber sein. Nach kurzem Zögern war mir klar: Den Beitrag dieser Frau übernehm ich selber. Das sollte mein “Umsonst” sein. Ich sagte der Frau: ‘O.K., Ihren Beitrag übernehme ich, Sie brauchen ihn nicht zu zahlen. Ich wünsche Ihnen gute Besserung!’ Mit einem Strahlen im Gesicht ging sie weg. Dann ging mein Tag mit viel Arbeit weiter.

Abends stand ich noch in einem Lebensmittel-Laden, um für mich und meine Frau Spargel und Schinken zum Abendessen einzukaufen. 8 € waren zu zahlen. Als ich an der Kasse in mein Portemonnaie schaute, sah ich: total Ebbe! Kein müder Cent war mehr drin. Ich sagte dem Kassierer: ‘Wissen Sie, ich habe überhaupt kein Geld mit. Ich muß die Dinge zurückgeben!’ Für mich eine unangenehme Situation. Der junge Mann an der Kasse, den ich nicht kannte, schaute mich an, lachte und sagte: ‘Wissen Sie was, ich gebe ihnen hier 10 € aus meiner eigenen Tasche, damit können Sie ihr Abendessen bezahlen und beim nächsten Mal, wenn sie hier in der Gegend sind, springen Sie eben rein und bringen mir das Geld zurück.’

Gesagt - getan, der junge Mann, für den 10 € kein Pappenstil sind, nahm das Geld aus seinem eigenen Beutel und gab es mir. Ich war platt. Vor meinem inneren Auge stand die alte Frau von heute morgen, der ich umsonst gegeben hatte und jetzt dieser junge Mann an der Kasse, der mir umsonst vertraute und Geld lieh. Umsonst habt ihr empfangen - umsonst sollt ihr auch geben.

 

 

 

 

Ein Motto für jeden Tag

“Wort zum Tag” im DeutschlandRadio Berlin

05. Juli 2002

 

Selig, die Frieden stiften!

Voller Begeisterung und mit geballter Aufmerksamkeit hatte Nikolina Morgen für Morgen in unserem Aufbaucamp in Sarajevo in den Morgenrunden gesessen und den kurzen Tages-Impulsen zugehört, wenn sie nicht gerade als Übersetzerin tätig war. Während des bosnischen Krieges war sie mit ihrer Familie 4 Jahre lang in Deutschland gewesen und danach in eine völlig zerstörte Lebenswirklichkeit hinein zurückgekehrt. Jetzt hielt sie als 15-jährige Ausschau nach etwas, wofür es sich zu leben lohnt.

Ein Tagesmotto im Aufbaucamp war gewesen: Selig die Frieden stiften! Dieses Motto hatte sich bei Nikolina besonders in ihre Erinnerung eingegraben, da die Situation in den Vororten von Sarajevo jetzt nach dem Krieg nicht leicht ist. Menschen mit zerstörten Lebensträumen und verworrenen Lebenslinien treffen hier in einem Gebiet aufeinander, wo vieles auch von den äußeren Umständen noch lange nicht geklärt ist. Die überall spürbare Hoffnungslosigkeit entlädt sich oft in Aggression und unkontrollierten Gefühlsausbrüchen, die schnell zu neuem Unfrieden im Kleinen führen.

Nach dem Camp hielt Nikolina über Email Kontakt. In einer dieser Emails erzählte sie: “Ich bin heute ganz glücklich aus der Schule wiedergekommen. Für unsere Religionsstunde heute morgen mußte ich mit einer Freundin etwas zum Thema “Pubertät” vorbereiten. Wir hatten uns echt Arbeit gemacht. Die meisten meiner Klassenkameradinnen machten richtig gut mit. Aber ein Mädchen unserer Klasse, schoss immer quer, das tut sie schon lange, weil sie es sehr schwer hat mit sich selber.

In einem Augenblick der Stunde griff sie eine andere Klassenkameradinnen mit Worten an und verletzte sie richtig. Diese reagierte sauer und sofort kippte die ganze Stunde. Ich merkte, wie der Friede unter uns bedroht war und wie alle zu beschwichtigen suchten. Aber es half nicht viel. Ich erinnerte mich an eines unserer Mottos aus dem Friedenscamp: Selig, die Frieden stiften! Ich hatte damals kapiert: Wenn wir uns für den Frieden engagieren, werden wir die Freude und den Frieden Jesu finden. Denn das hatte er uns ja versprochen.

Ich merkte: Das ist jetzt meine Chance. Ich ging zu den beiden hin und fragte die Streitanstifterin: ‘Hast du gemerkt, wie sehr deine Worte Dragana, das andere Mädchen, verletzt haben?’ Zu meinem Erstaunen reagierte sie nicht sauer, sondern nickte. Dann fragte ich die andere, ob sie verstehen könne, wie ihre Negativreaktion, das erste Mädchen weiter in Rage gebracht habe. Auch sie reagierte total verständnisvoll. Und dann gingen die beiden vor den anderen aufeinander zu und haben sich beieinander entschuldigt. Ich spürte in diesen Augenblicken eine total große Freude in mir, denn ich hatte zum ersten Mal aktiv für den Frieden in meinem Land gelebt.

Am nächsten Tag erfuhr ich, so schrieb Nikolina weiter, dass das Mädchen, das den Streit angezettelt hatte, sich nach dem Tagesmotto erkundigt hatte. Sie hatte gesagt: Sie wolle auch so leben wie Nikolina.” Selig, die Frieden stiften!

 

 

 

 

Ein Motto für jeden Tag
“Wort zum Tag” im DeutschlandRadio Berlin
06. Juli 2002

Ohne zu zweifeln Gott um Notwendiges bitten!

Die Wellen der täglichen Arbeit schlugen mir fast über dem Kopf zusammen. Um so eindringlicher nahm ich beim morgenlichen Blick ins Evangelium wahr, wie sehr Jesus seinen Jüngern einhämmerte, in den Anliegen eines jeden Tages inständig zu bitten. Ich las im Johannes-Evangelium: “Alles, um was ihr in meinem Namen bittet, werde ich tun.” Und einen Vers weiter fast nochmals das Gleiche: “Wenn ihr mich um etwas in meinem Namen bittet, werde ich es tun!”

So entschied ich mich, nicht sofort mit der täglichen Arbeit zu beginnen und noch nicht zum Telefon zu greifen, sondern zunächst nochmals in einem Augenblick der Stille den Draht zu Gott zu suchen. Diese Zeit tat mir gut. Ich hatte den Eindruck: Das Vielerlei des Tages findet in eine gewisse Ordnung hinein. Zum Schluß kam mir der Tages-Impuls in den Sinn: Ohne zu zweifeln um Notwendiges bitten! So bat ich Gott um das, was ich für den Tag im Herzen hatte: um Geduld, um Ausdauer in einzelnen Arbeitsbeziehungen, um Klarheit in einigen anstehenden Entscheidungen und vor allem um eine dicke Portion Geld. Ich brauchte es für ein Haus für eine bosnische Familie, die in große Not geraten war.

Ich betete für die junge Mutter, die psychisch schwer erkrankt war und jetzt nicht mehr allein leben konnte; für die beiden Kinder, die mit ihrem Vater nun weit getrennt von ihrer Mutter allein im serbischen Teil Bosniens leben mußten auf allerengstem Raum -ohne große Zukunftshoffnungen, sie hatten nur ein kleines Zimmer und so gut wie nichts für sich selber; und ich betete für den Vater, der - arbeitslos - irgendwie durchkommen mußte mit seinen beiden Töchtern.

Ich kann mich noch erinnern an die Worte meines Gebetes. “Jesus, du hast das Leben der Armen hier auf der Erde geteilt und du bist einer von uns geworden. Du hast während deines irdischen Lebens Menschen deine Nähe spüren lassen und du hast uns diese deine Nähe für immer versprochen. Ich weiss, dass für dich nichts unmöglich ist. Und du drängst uns, dich um alles zu bitten, was wir brauchen. Ich brauche jetzt Geld. So bitte ich dich um dieses Geld für diese Familie, dass wir ihnen helfen und wieder ein Zuhause geben können. Gib dieses Geld bitte bald!”

Dann nahm ich die Arbeit des Tages auf - Schritt für Schritt. Mittags erreichte mich ein Anruf. Mir wurde eine so große Summe Geld für dieses Haus versprochen, wie ich sie noch nie für ein Projekt bekommen hatte. Ich stand sprachlos am Telefon. Als ich diesen “Segen” später der Familie mitteilte, blieb zunächst dieses gott-erfüllte Schweigen. Dann kamen Tränen. “Wir haben bisher immer allein durchkommen müssen und uns ist im Krieg und danach so viel Schweres zugestoßen. Unser Vater ist im Krieg gestorben, die Familie ist seit dem entwurzelt, zum Teil zerstreut worden und wir mußten immer um das tägliche Brot kämpfen, ohne große Zukunft zu sehen. Und jetzt auf einmal spüren wir eure Liebe - und noch mehr: Gott ist am Werk!” Seit diesem und vielen ähnlichen Augenblicken ist mir klar: Vieles auf unserer Erde geschieht nicht, weil wir nicht mit diesem unerschütterlichen Vertrauen bitten. Denn es gilt, ohne zu Zweifeln Gott um Notwendiges zu bitten!

 

 

 

 

Gastfreundschaft


Tritt durch den Spalt,

atme de Ordnung,

lerne am Herd

die Würdes des Gastes

und empfang

in der Fülle der Gaben

deren königliche:

anvertrautes Leid.

                    Klaus Hemmerle